Sunyata Meditation Sangha Stuttgart


Lehre-DE-15

Das Gesicht von Zen

Diese Woche ist die letzte Dezemberwoche. Es sind die letzten Tage des Jahres 2020. Vor genau einem Jahr waren wir fassungslos, als wir bei der Beerdigung unseres Meisters ein gelbes Trauerkopftuch um unsere Köpfe wickelten.


"Egal was geschieht, Meister, Du lebst weiter in uns

und wenn unser Geist still ist, sind wir bei Dir… “


Wir haben sein Dharma geerbt. In Bezug auf Buddhas Lehre wurden wir unter glücklichen Umständen der Kausalität ausgewählt, die Erben von seinem Dharma zu sein.


Unser Zen-Pfad ist nun eine wertvolle "Schatzkarte", die klar, übersichtlich und logisch die wahren Lehren des Buddhas und der Patriarchen zeigt. Sie lässt sich sogar durch die moderne Wissenschaft nachweisen. Unser Meister hatte vor, die Quintessenz der drei folgenden Zen-buddhistischen Schulen zu kombinieren:

 

  1. Meditation der Theravàda-Schule
  2. Meditation der Mahàyàna-Schule (Moderne Schule)
  3. Meditation des Zen-Buddhismus


Meditation der Theravàda-Schule oder der Schule der Ältesten: Diese Richtung unterscheidet sich nur geringfügig von der ursprünglichen Übung, die Buddha damals praktizierte. Diese Richtung dauerte zirka 100 Jahre, nachdem Buddha um die 383 Jahre vor Christus ins Nirwana eingetreten war. In dieser Zeit gab es noch viele große Schüler von Buddha, die diese Richtung leiteten. Die Sangha war noch eine Einheit. Diese Einheit wurde Dank des ersten Buddhistischen Konzils gesichert, das etwa drei Monate nach dem Tode Buddhas von Mahà Kassapa veranstaltet wurde.

 

Zirka 383 v. Chr. wurde das zweite Buddhistische Konzil von Yasas einberufen, um die Vinaya (klösterliche Disziplin oder Verhaltensregeln) zu berichtigen. Nach diesem Konzil wurde die zuvor vereinte Richtung in zwei große Schulen aufgeteilt:

 

  1. Die Theravàda-Schule - Schule der Ältesten, die zwischenzeitlich Hanayàna-Schule genannt wurde. Bis 1954 wurde sie jedoch zurück in Theravàda-Schule umbenannt.
  2. Die Mahàsamghika-Schule - die Schule der Mehrheit, die später Mahàyàna-Schule genannt wurde. 1954 wurde sie in Moderne Schule des Buddhismus umbenannt.


Der Grund für die Bezeichnung "Hinayana bzw Mahayana" liegt wahrscheinlich darin, dass die Art der Übungen einige Unterschiede aufweist, obwohl die wichtigen Ansichten immer noch mit den Ansichten des Buddhas übereinstimmen. Hier wollen wir aber nicht über die Geschichte reden, ob es richtig oder falsch war. Hier wollen wir nur klären, warum wir die Quintessenz der jeweiligen buddhistischen Schule ausgewählt haben und sie in unseren systematischen Lehrplan integrieren, der uns hilft, die Schritte auf unserem spirituellen Weg klar zu erkennen.


Der Zen-Buddhismus ist eine eigenständige Praxis, obwohl er auch von dem "alten Baum" des Buddhismus stammt. Man kann sagen, dass sie mit Zen-Meister Bodhidharma (6. Jahrhundert n. Chr.) begann und sich bis zum 6. Patriarchen fortsetzte. Der 6. Zen-Meister war Huineng (7. Jahrhundert n. Chr.). Danach entstanden viele verschiedene Meditationsschulen

 

Zen-Meister Bodhidharma brüllte dann ein "Löwengebrüll":

 

"Eine besondere Übermittlung außerhalb der heiligen Schriften,

die Lehre nicht auf Worte gründen,

Direkter Hinweis auf das Menschenherz,

in die eigene Natur sehen und die Buddhaschaft erreichen ".

 

Warum nannte man dies ein "Löwengebrüll"?

 

Das Theravada-System gilt historisch als konservativ und hält nach wie vor an die von Buddha eingeführten Traditionen:

  • Eine Frau kann nicht ordiniert werden, aufrecht.
  • Man muss erst ordiniert werden, um die wichtigen Lehren des Buddhas zu lernen.
  • Oder dass man sich als Mönch hoch in die Berge oder tief in den Wald begeben muss, um sich zurückzuziehen.
  • Als Mönch muss man Almosen gehen, um Nahrung zu betteln.
  • Niemand außer Buddha darf Sutra schreiben.
  • Der Kultivierungsweg ist geordnet und beginnt mit den konventionellen Wahrheiten wie den vier edlen Wahrheiten, die drei Merkmalen aller Phänomene, 37 Faktoren der Erleuchtung, Satipatthana, Verhaltensregeln (Silas) - Samadhi - Weisheit, Abhidhamma usw. in sich aufnehmen.

 

Das Tripitaka-Sutra in Pali-Sprache, wurde von der Theravada-Schule gemäß ihrem Standpunkt verfasst. Das Tripitaka-Sutra in Sanskrit Sprache, wurde dagegen von der Sarvāstivāda-Schule gemäß ihrer Wahrnehmung verfasst. (Diese Schule trennte sich von der Theravada-Schule).

 

Sowohl im Abhidhamma (in Pāli Sprache) als auch im Abhidharma (in Sanskrit Sprache) behaupteten die Kommentatoren, sich mit der Kunst der Argumentation auszukennen. Sie konzentrieren sich auf die detaillierte Analyse der Lehren. So können wir uns als Anfänger leicht in dem Dschungel der Worte verirren.

Im Gegensatz dazu konzentriert sich die Mahàyàna-Schule auf die Basis der absoluten Wahrheiten. Besonders auf die letzten 3 Wahrheiten: Leerheit, Illusion und Soheit. Sie eröffnete einen neuen, aufgeschlossenen und grenzenlosen Horizont transzendentaler Weisheit. Viele Patriarchen dieser Richtung verfassten Sutren, die  den Nikàya-Texten entnommen wurden. Zum Beispiel das Kapitel über die Erleuchtung. Sie bildeten ein riesiges System von Prajñā-Sutras. Schöne Literatur mit einem erhabenen Reich, das eigentlich nur das Reich im Geiste ist. Sie bildeten ein riesiges System von Prajñā-Sutren wie das Blumengirlandensutra (Mahāvaipulya Buddhāvataṃsaka Sūtra, auch Avataṃsaka Sutra genannt), das Diamant-Sutra (oder Vajra), das Lotus-Sutra, das Vimalakīrti-Sutra usw

 

Es scheint jedoch, dass die Patriarchen den Übungsmethoden nicht so viele Aufmerksamkeiten geschenkt haben.

 

Aus dieser Perspektive haben wir bei der Sunyata-Meditation die Quintessenz der beiden Systeme Theravana und Mahàyàna (Moderne Schule) ausgewählt und legen sie als Grundlagen unseres spirituellen Übungsweges fest.

 

Wenn wir diesen Weg begehen, müssen wir uns auf die konventionellen Wahrheiten stützen und diejenigen, die mit Phänomenen zusammenhängen, gründlich erforschen.

Als Anfänger sollten wir zuerst die vereinbarten Wahrheiten kennenlernen und die Wahrheiten der Phänomenologie tiefgründig verstehen. Die Realität des Lebens erkennen: dort wo es Menschen gibt, dort gibt es Leiden und Konflikte. Von hier aus bemühen wir uns, unseren Geist allmählich zu transformieren, ihn zu reinigen und ihn zu trainieren, um die Anhaftung loszulassen. Unser Geist wird schließlich ruhiger. Wir werden weniger anhänglich sein und leiden weniger. Wir werden einen Weg finden, wie wir über die vereinbarten Wahrheiten hinausgehen und wie wir die absoluten Wahrheiten erreichen können.


Hier wenden wir die Quintessenz des Zen-Buddhismus an:

 

"Eine besondere Übermittlung außerhalb der heiligen Schriften,

die Lehre nicht auf Worte gründen,

Direkter Hinweis auf das Menschenherz,

in die eigene Natur sehen und die Buddhaschaft erreichen ".

 

Die Zen-Patriarchen verwendeten damals sehr spezielle Lehrmethoden wie Schüler mit dem Stock zu schlagen, laut zu schreien oder den Mund des Schülers zuhalten, um ihn zum Schweigen zu bringen. Seine Nase zukneifen oder einfach einen Stock, einen Staubwedel wortlos hoch heben usw. Der Zweck bestand darin, dass der Geist des Schülers plötzlich in einen völligen Stillstand und in eine Leere verfiel, wo er von allen Gedanken befreit wurde. Heute können wir solche Techniken nicht mehr anwenden. Wir folgen aber dem Weg, den Buddha lehrte.

 

Zuerst erläutern wir die Lehrreden des Buddhas und wir praktizieren diese nach und nach. Ziel ist es, den stillen Geisteszustand zu erlangen, in dem dieser aufgehört hat zu überlegen, zu unterscheiden oder zu analysieren. Es ist der Zustand eines klaren Bewusstseins. Der Geist ist in diesem Zustand völlig still und leer. Wir nennen ihn ein nonverbales Bewusstsein. In diesem Zustand erfährt der Schüler durch die Natur des Sehens, die Natur des Hörens und der Natur des Fühlens ein stilles Gewahrsein. Das ist der erste Schritt in die eigene Buddha-Natur.

 

Dies ist das Ziel unseres Basis-Meditationskurses. Wir gehen nicht ins Detail, was ein weltlicher Geist ist oder was die Aspekte des Kummers sind. Wir gehen direkt in den wahren Verstand und wenn wir in diesem Zustand verweilen können, verschwinden unsere unkontrollierten Triebe nach und nach.

 

Das ist der besondere Punkt, den unser Meister Jahrzehnten lang immer betont. Das war das "Löwengebrüll" des Bodhidharmas damals. Es ist, als würden wir ein Zeichen gegen die 14 Bände des alten Abhidharmas-Sultren setzen. Dort übt man mit „Worten". Wir, der Zen-Buddhismus, bevorzugen aber wortlose Übungen, um ans Ziel zu kommen.

 

Unser spiritueller Weg geht weiter in die Tiefe. Nachdem wir einen stabilen Geisteszustand des nonverbalen Bewusstseins erfahren haben, betreten wir den grenzenlosen Horizont der Ontologie, wo sich die Leerheit, Illusion und Soheit befinden. Erlangen wir tatsächlich das wortlose Gewahrsein, entwickelt sich unsere eigene Weisheit. Es eröffnet uns viele neue Wahrnehmungen und Ansichten über die Dinge des Lebens. Von hier aus öffnet sich die Tür zum Schatz der Weisheit. Es ist nicht nur ein Schatz der Weisheit sondern auch ein Schatz der Gesundheit, des Mitgefühls, der Barmherzigkeit, der Intuition und der Beredsamkeit.

 

Ich habe Euch gerade einen Überblick über unseren spirituellen Praxisweg gezeigt, der sich auf die Quintessenz der 3 Schulen der buddhistischen Meditation stützt. Des Weiteren können wir heute sogar den Wert des Zen-Buddhismus durch die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft demonstrieren.

 

Heute erinnern wir uns an den Weisheitsschatz unseres Meisters, den er 25-Jahre lang ununterbrochenen erarbeitet, gewonnen und uns gnädiger Weise weitergegeben hat. Daher möchte ich ihm folgende Danksagung widmen: „"Wir sind zutiefst dankbar für Dein unermessliches Geschenk, dass unendlich groß wie der Himmel und die Ozeane ist."

 

Sunyata Buddhistisches Zentrum, den 23.12.2020

TN 

Übersetzt ins deutsche von Quang Dinh

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